Schwarmfinanzierungen für Immobilien sind ein wachsendes Marktsegment in Deutschland. Allerdings sollten bei der Auswahl der Projekte wichtige Kriterien beachtet werden. Gastbeitrag von Michael Stephan, Geschäftsführer von iFunded

Über Online-Anbieter vermittelte Schwarmfinanzierungen sind eines der am schnellsten wachsenden Segmente für Investments in deutsche Immobilien. Die Anlageform etabliert sich als Alternative zu den klassischen Immobilienpublikumsfonds.

Dennoch ist der Erwerb von Nachrangdarlehen grundsätzlich mit gewissen Risiken verbunden. Kürzlich meldete der erste Entwickler eines schwarmfinanzierten Immobilienprojekts Insolvenz an – ob die Anleger ihr investiertes Geld zurückerhalten, ist bislang unklar.

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Sorgfältige Auswahl unabdingbar

Zwar übernehmen digitale Plattformen nicht die Funktion eines Anlageberaters, was sie ja auch nicht dürfen, sondern die eines Vermittlers. Dennoch ist es von großer Wichtigkeit, dass die Anbieter ausreichend Vertrauen in das von ihnen vertriebene Produkt schaffen.

Die sorgfältige Auswahl des jeweiligen Projektentwicklers ist daher unabdingbar. Doch welche konkreten Maßnahmen zur Prüfung sollten Anbieter von Crowdinvestments ergreifen, um die Anlegerrisiken transparent zu gestalten und gleichzeitig zu minimieren?

Erstens: Genau auf die Rahmenbedingungen achten

Wie seriös das jeweilige Projektvorhaben ist, zeigt sich häufig schon bei der ersten Prüfung: Ein wichtiger Maßstab für die Kompetenz eines Entwicklers ist dessen Track-Record, der als Referenzliste über die bisher realisierten Projekte dient.

Ein weiterer elementarer Faktor ist das eigene finanzielle Engagement: Nur wenn der Entwickler ausreichend Eigenkapital investiert und im Krisenfall selbst haftet, kann zweifelsfrei sichergestellt werden, dass er bis zur Rückzahlung des Kapitals an die Anleger ein wirtschaftliches Interesse an seinem Projekt verfolgt.

Zudem muss Klarheit herrschen, was die juristischen Verhältnisse des Unternehmens und dessen Gesellschaftsstrukturen betrifft.

Die meisten unseriösen Angebote werden von den Plattformen bereits im Anfangsstadium aussortiert – sei es, weil kein realistischer Zeitplan erstellt wurde, oder weil der Projektentwickler zu wenig Erfahrung mit der jeweiligen Nutzungsart vorweisen kann. Zwanzig entwickelte Wohnprojekte sind schließlich kein Garant dafür, dass er auch über die nötigen Kompetenzen für die Modernisierung eines Fachmarktzentrums verfügt.

Zweitens: Angebotsprüfung nach Vorbild der Banken

Angenommen, die elementaren Voraussetzungen wirken stimmig. Dennoch kann ein Projektplan, der auf den ersten Blick realistisch wirkt, auf tönernen Füßen stehen. Es ist daher seitens der Plattform notwendig, sämtliche Kosten auf Plausibilität zu prüfen.

Dazu gehört es, die Baukosten genauso wie die Prognose der zukünftigen Erlöseinnahmen detailliert zu prüfen. Zudem muss die Plattform analysieren, ob das Projekt auch den jeweiligen Bedürfnissen auf dem Markt entspricht. Die Investmentplattform muss dazu mithilfe erfahrener Immobilienexperten prüfen, ob die Einschätzung des Entwicklers nicht zu positiv ausfällt. Spezialisten sind dabei wichtiger als Generalisten.

Es sollten ausschließlich Projekte ins Portfolio aufgenommen werden, für deren Prüfung innerhalb des Unternehmens ausreichend Kompetenz zur Verfügung steht. Darüber hinaus sind Kooperationen mit etablierten Immobilienbewertern von Vorteil, denen unter anderem eine Fülle von Research-Daten zur Verfügung steht.

Projekte sollten nach ähnlichen Maßstäben geprüft werden, wie Banken sie bei der Kreditvergabe anwenden. Im Idealfall werden die Projekte doppelt, nämlich von der finanzierenden Bank und der Plattform geprüft.

Drittens: Transparenz auf Anlegerebene schaffen

Ein weiterer essenzieller Schritt ist es, die gewonnenen Erkenntnisse den Anlegern transparent und verständlich darzulegen. Schließlich sind die projektbezogenen Dokumente für private Anleger nicht zugänglich – und die Fachsprache zudem für Laien kompliziert.

Obwohl es generell ratsam ist, dass der Anleger selbst recherchiert und sich von den Crowdinvesting-Anbietern und dem Projektentwickler ein eigenes Bild macht, müssen die Plattformen die wichtigen Informationen benutzerfreundlich aufbereiten. Dabei sollte über die gängige Prospektierung des Projekts hinausgegangen werden.

Denkbar ist beispielsweise ein Punktesystem, das einzelne Risikofaktoren zu einer Gesamtübersicht zusammenfasst. Bei einem Sanierungsprojekt kann beispielsweise eine aktuell erhöhte Leerstandsquote im Objekt mit der etablierten Lage in einer Top-Stadt in Relation gesetzt werden.

Oder das Entwicklungsrisiko in einer C-Stadt kann durch einen hohen Eigenkapitalanteil sowie einen exzellenten Track-Record des Entwicklers minimiert werden. Das Entscheidende aber ist das Zusammenspiel all dieser Faktoren, anhand derer die Plattform eine Aufteilung in verschiedene Risikoklassen vornehmen kann.

Viertens: Laufende Kontrolle auch nach der Funding-Phase

Ob ein Crowdinvesting-Projekt tatsächlich Erfolg hat, hängt nicht primär davon ab, ob die Finanzierungsschwelle erreicht wurde. Die Resultate werden erst bei der Rückzahlung sichtbar. Obwohl die Plattformen die Funktion eines Anlagevermittlers übernehmen, sollten sie das Projekt daher über die Funding-Phase hinaus betreuen.

Dazu gehört unter anderem, dass sie in ihre Verträge mit den Entwicklern genaue Reporting-Pflichten aufnehmen, um mögliche negative Ergebnisse oder sogar eine Insolvenz früher erkennen zu können. Auf dieser Basis sind die Plattformen auch frühzeitig imstande, einen Dialog mit Entwickler und Anlegern zu suchen.

Fünftens: Neue Produkte entwickeln

Bislang werden schwarmfinanzierte Immobilienprojekte in der Regel mit Nachrangdarlehen in Verbindung gebracht. Das ist allerdings nicht die einzig mögliche Anlageform.

Ebenso können Inhaberschuldverschreibungen und andere Wertpapiere ausgegeben werden, die aufgrund vorgegebener Rahmenbedingungen für mehr Transparenz sorgen. Ein weiteres Alternativmodell für die Zukunft könnten Equity-Beteiligungen beim Projektentwickler darstellen.

All diese Maßnahmen können zusammengenommen für Investoren eine belastbare, aber neutrale Entscheidungsgrundlage liefern. Trotz ihrer Vermittlerfunktion sollten die Plattformen dennoch aktiv kommunizieren, dass das Wichtigste beim Crowdinvestment nach wie vor eine breite Diversifikation ist.

Denn eines der wichtigsten Alleinstellungsmerkmale der digitalen Investmentplattform ist es, die Möglichkeit zu bieten, sein eingesetztes Kapital auf verschiedene Projekte zu verteilen.

Autor Michael Stephan ist Geschäftsführer der Plattform iFunded.

Interview von Michael Stephan: Digitale Immobilieninvestments: Diese Kriterien sollten erfüllt sein –  Cash-Online